Zitierlink: http://dx.doi.org/10.25819/ubsi/10116
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Dokumentart: Book
Titel: In den USA ist in alltäglichen Interaktionen ein stillschweigender Rassismus institutionalisiert. Und anderswo?
Sonstiger Titel: Tacit racism is institutionalized in interaction in the US: What about elsewhere?
AutorInn(en): Warfield Rawls, Anne 
Duck, Waverly 
Institut: DFG-Sonderforschungsbereich 1187 "Medien der Kooperation" 
Schlagwörter: Rassismus, Soziale Interaktion, Konversationsanalyse, Ethnomethodologie, Racism, Social Interaction, Tacit Knowledge, Conversation Analysis, Ethnomethodology
DDC-Sachgruppe: 300 Sozialwissenschaften
GHBS-Notation: OBY
OCB
Erscheinungsjahr: 2022
Publikationsjahr: 2022
Serie: Working paper series / SFB 1187 Medien der Kooperation 
Zusammenfassung: 
In unserem Buch Tacit Racism („Stillschweigender Rassismus“) zeigen wir, dass Rassismus in den Vereinigten Staaten in die „alltäglichen“ Erwartungen an zwischenmenschliche Interaktionen eingeschrieben ist. Dafür gehen wir der Frage nach, wie es auf einer sozialen Ebene, die wir als „Interaktionsordnung von race“ (Interaction Orders of Race) bezeichnen, zur ständigen Produktion und Reproduktion von unbewusstem Rassismus kommt, der sich im Alltag auf „stillschweigende“ und unhinterfragte Weise bemerkbar macht. In den USA sind soziale Konstruktionen von race spätestens seit dem 16. Jahrhundert die wichtigste Kategorie bei der Herstellung der sozialen, professionellen und bürgerschaftlichen Ordnung in den USA, bis heute sind sie tief in den Strukturen sowohl des formalen Rechts als auch informeller Praktiken verankert. In unserem Buch beschreiben wir, wie Menschen in der Begegnung mit anderen kontinuierlich und unbewusst auf eine Reihe von Erwartungen zurückgreifen, die unser Handeln bestimmen und anleiten. Da diese Erwartungen und Voreinstellungen durch einen über Jahrhunderte gewachsenen systemischen Rassismus geprägt sind, sehen wir uns permanent dazu veranlasst, auf der Grundlage rassistischer Vorurteile zu agieren, die unser gesamtes Handeln beeinflussen können: von der Art, wir wir unsere Nachbarn begrüßen, bis hin etwa zur Frage, ob wir einen zweiten Blick auf einen bestimmten Lebenslauf werfen. Bei dem „stillschweigenden Rassismus“, so unsere These, handelt es sich um eine der sich am schnellsten ausbreitenden und gefährlichsten Bedrohungen für die Zukunft der Demokratie. Wir gehen davon aus, dass die US-amerikanische Entwicklung eines binären kategorialen Schemas, das sich an der strikten Opposition von Schwarz und Weiß orientiert, in gewisser Weise singulär ist. Mit der Absicht, Forschungen und Ansätze zu race auch in anderen Ländern zu bereichern, fragen wir in dem Sonderheft der Zeitschrift für Kulturwissenschaften 2/2021 darüber hinaus, ob und inwiefern sich auch in anderen Ländern Elemente eines „stillschweigenden Rassismus“ finden lassen. Dabei argumentieren wir, dass die spezifischen Bedingungen, die in den Vereinigten Staaten zur Herausbildung eines binären Systems der Rassen geführt haben, zwar ganz andere sind als in Europa, die US-amerikanische Praxis und Konstruktion von race jedoch in die ganze Welt exportiert wurde, wodurch auch in anderen Gesellschaften die tiefe Verankerung von „stillschweigendem Rassismus“ verschärft werden konnte.
Um ein Bewusstsein für den stillschweigenden Rassismus innerhalb der Mehrheitsgesellschaft zu schaffen, greift unser Ansatz (mit einem methodologischen Schwerpunkt auf Ethnomethodologie und Gesprächsanalyse) auf Ergebnisse aus detaillierten Face-to-Face-Interaktionsanalysen zurück. In Ergänzung zu dem doppelten Bewusstsein, dem schwarze Amerikaner*innen durch ihre Erfahrungen mit Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt ausgesetzt sind, sprechen wir von einem „weißen doppelten Bewusstsein“. Beide Konzepte lassen sich nicht nur über die Grenzen der USA hinaus anwenden, sondern scheinen aktuell, wo Krieg, Hunger und Klimawandel Schwarze und People of Color zu Flucht und Migration zwingen, von besonderer Relevanz zu sein. Ohne ein größeres und schärferes Bewusstsein für seine Strukturen und Funktionsweisen wird der Rassismus die USA und Europa weiterhin spalten und schwächen, während die Mehrheitsgesellschaften alles daran setzen werden, seine Existenz und sein Ausmaß herunterzuspielen. Dies bereitet einen fruchtbaren Boden für all jene Themen, die sich auf zynische Weise mit race in Verbindung bringen lassen und dadurch offen für die Manipulation durch mächtige äußere Akteure und die besonderen Interessen der Vermögenden und Reichen sind: nationale Sicherheit, kulturelle Homogenität und Integration, Gesundheitspolitik, Waffen, Wahlrecht, Einwanderung usw. Die von einer unzureichenden Thematisierung eines breit zirkulierenden „stillschweigenden Rassimus“ begünstigten Polarisierungen und Spaltungstendenzen müssen als reale und drängende Gefahr für Demokratie und Freiheit überall auf der Welt erkannt und bekämpft werden.

In our book Tacit Racism we show that racism is coded into the “everyday” expectations of face- to-face social interaction in the United States, in what we call Interaction Orders of Race, in “tacit” taken-for- granted ways that create vast amounts of unconscious racism. Social conceptions of Race, which have since the late 1600’s been the primary social category organizing social, labor and citizen status in the United States, have become deeply embedded in both formal law and informal practice. We show how, every time we interact with another human being, we draw unconsciously on sets of expectations to guide us through the encounter. When those expectations have been shaped by centuries of systemic racism we are constantly led to act in accord with racialized biases that can shape everything from how we greet our neighbors to whether we take a second look at a résumé. This is tacit racism, and we argue that it is one of the most pernicious and widespread threats to the possibility of democracy. Given that the historical development in the US of a Black/White binary categorization schema to organize social and labor relations along racial lines, is somewhat unique, the question for the Special Issue of the journal Zeitschrift für Kulturwissenschaft 2/2021 is whether the tacit aspects of racism we find in the US play a similar role in other countries such that our approach can inform research on Race in those countries. We argue that although the circumstances leading to the formation of a racialized binary in the US are quite different from what happened in Europe, the US conception and practice of Race has been exported around the world resulting in a deep embedding of tacit racism in other countries.
The solution we advocate – using detailed studies of face-to-face social interaction (with a focus on eth- nomethodology and conversation analysis in particular) to produce an awareness of tacit racism for majority persons – that we call “White double-consciousness” to complement the double-consciousness that Black Americans develop through their experience of trouble and exclusion – seems not only applicable elsewhere, but especially timely, as war, famine, and climate change drive Black and Brown persons to migrate. Without increased awareness, racism will continue to divide and weaken the US and the EU, while majority persons continue to downplay its relevance, providing fertile ground for the manipulation of any issues that can be cynically associated with Race (e.g., national security, cultural integrity, healthcare, guns, voting rights, im- migration, etc.) by foreign powers and wealthy special interests, such that Race divisions now pose a clear and present danger to democracy and freedom around the world.
DOI: http://dx.doi.org/10.25819/ubsi/10116
URN: urn:nbn:de:hbz:467-22053
URI: https://dspace.ub.uni-siegen.de/handle/ubsi/2205
Enthalten in den Sammlungen:Publikationen aus der Universität Siegen

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